Meiner Ansicht nach werden Bilder auf die gleiche Art und Weise
gemalt, wie das Leben gelebt wird. Wie ich mich im Leben verhalte,
so verhalte ich mich auch am und im Bild. Der Gestaltungsprozeß
selbst ist ein Akt von dynamischer Wirksamkeit.
In meiner eigenen künstlerischen Auseinandersetzung sowie bei
meiner bisherigen Tätigkeit als Kunsttherapeutin in Fachkliniken
für pädiatrische Onkologie und onkologische Rehabilitation, Kliniken für Psychiatrie,
Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin
sowie in einer Fachklinik für Suchtkrankheiten konnte ich dies immer
wieder erfahren. Kunsttherapie ist dabei für mich eine konzentrierte
Form prozeßorientierten Begleitens, Förderns und Stützens
des Gestaltenden beim Ringen um die (eigene) Form.
Malen und Gestalten heißt für mich in pulsierender Berührung
zu sein. Durch das Gegenüber, das Blatt Papier oder Ton z.B.
wird sowohl das Neue, Fremde, Andere als auch der eigene Ich-Zustand
wahrgenommen. All dies gilt es im Augenblick des Gestaltens zu ergreifen
an der Grenze die durch das künstlerische Material gebildet
wird, welches auch wiederum an die (eigene) Grenze führt -
und im Wechsel von Ich und Du in der Beziehung zum geschaffenen
Objekt als auch in der therapeutischen Beziehung. Es bedeutet zugleich
auch das Wagnis, sich (trotz Unsicherheiten) unmittelbar einzulassen
auf das Neue, auf ein Erforschen, Gewährenlassen, Loslassen,
Verändern, usw. Durch diese Arbeit und Erfahrung an der (Objekt-)Grenze,
die sowohl Abgrenzung als auch Berührung ist, kann Wandlung
geschehen.
Es gilt letztendlich, den Blick frei zu haben für das, was
sich unmittelbar während des Gestaltens in seinem ganz spezifischen
Lebendigsein äußert und mit diesem in einen Dialog zu
treten. Wer gestaltet, ist aktiv handelnd und nimmt aktiv an der
eigenen Entwicklung und Krankheitsbewältigung teil. Hierin
sehe ich auch meinen Beitrag als Kunsttherapeutin: Über das
Medium des künstlerischen Materials einen Raum zu schaffen
für Begegnung, für Vertrauen, für Gefühle, für
Klärung, für Altes und Neues, und für das Wahrnehmen,
Experimentieren und Spielen mit den Facetten der eigenen Persönlichkeit
und den individuellen Möglichkeiten.
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